Sonntag, 15. August 2010

Juba - Suedsudan

Juba und der Suedsudan
Am 30.06.2010 bin ich nach einem zweitaegigen Zwischenstopp in Nairobi an meinem neuen Einsatzort in Juba am Nil (Suedsudan) angekommen. Juba hat einen enorme Entwicklung hinter sich, wobei diese Stadt eigentlich lediglich ein sehr grosses Dorf mit ca. einer halben Million Einwohnern ist in der es keine permanente Stromversorgung gibt und die weit entfernt ist von den Weltmaerkten. Dabei hat Juba moeglicherweise den groessten Entwicklungsschub noch vor sich da im Januar 2011 – entsprechend eines umfangreichen Friedensvertrags von 2005 – die Bevoelkerung des Suedsudan in einem Referendung darueber entscheiden wird, ob sich der Sueden des Sudans vom Norden abspalten und somit ein neuer souveraener Staat geboren wird. „Nirgendwo werden Wunden so tief geschlagen und nirgends heilen sie so schnell wie in Afrika“ schreibt Bartholomaeus Grill in seinem Buch „Ach Afrika!“. Und genau das kann man hier beobachten. Die Jahrzehnte des Buergerkriegs sind fast vergessen und viele Suedsudanesen schauen hoffnungsvoll in die Zukunft. Man trifft auf Geschaeftsleute aus Uganda, Kenya und Aethiopien die von den guenstigen Entwicklungen profitieren wollen. Dabei ist der aktuelle Frieden sehr zerbrechlich. Die momentane Sicherheitslage ist sehr volatil. Hilfsorganisationen und die UN-Agenturen aktualisieren gerade saemtliche Evakuierungsplaene um fuer alle Eventualitaeten vorbereitet zu sein.

Ein Buergerkrieg hinterlaesst viel Zerstoerung und der Wiederaufbau ist ein langer Prozess. Zur Zeit befinden sich ca. 200 internationale Hilfsorganisationen im Sueden die einen Beitrag zum Wiederaufbau leisten und das Stadtbild mitpraegen. Sie sind vor allem in den Bereichen gesundheitliche Grundversorgung sowie Wasser & Sanitaer aktiv. Es gibt auch Organisationen und Agenturen die sich um die Entschaerfung und Beseitigung von Minen kuemmern. Nicht zu vergessen sind die vielen Berater die den einstigen Rebellen bei der hochkomplexen Aufgabe helfen, eine ordentlichen Administration aufzubauen.

Meine Aufgabe
In meiner Funkion als Logistik Manager kuemmere ich mich mit meinem Team um all das – innerhalb von Medair – was die Kollegen fuer ihre Projekte in der Gesundheits- und Wasserversorgung benoetigen. Wir stellen Unterkuenfte zu Verfuegung, organisieren Transporte von Waren und Menschen ueber Land, Wasser (Nil) & Luft und kaufen alles was benoetigt wird, was auch immer es ist und wo auch immer es herkommt. Dabei greifen wir auf Medair Bueros in Nairobi und in der Schweiz zurueck.

Juba vs Darfur (El Geneina)
Es ist mein zweites Jahr und mein zweiter Einsatzort und somit ist es unvermeidlich dass ich alles was mir hier begegnet mit den Gegebenheiten und der Erfahrung in Darfur (Nordsudan) vergleiche. Der arabische und islamische Einfluss ist hier sehr viel geringer. Das faellt einem sofort auf. Unverschleierte Frauen, Maenner mit kurzen Hosen. Keine Gebetsaufrufe vom Imam per Lautsprecher. Wenn sich Angehoerige ungleicher Geschlechter begruessen/verabschieden darf auch umarmt werden. Das Bildungsniveau unserer Mitarbeiter hier ist viel hoeher. In Darfur konnten unsere Fahrer und Waechter nahezu kein Englisch reden. Hier kann ich mir sogar vom Englisch meiner einheimischen Kollegen etwas abschauen. Fahrer und Waechter koennen sogar mit dem Computer umgehen. Die Infrastruktur ist nur geringfuegig besser. Deutlich besser ist das Angebot von professionellen Restaurants und englischsprachigen Gottesdiensten, die in Darfur Fehlanzeige waren.

Begegnungen
Neben ca. 30 internationalen, ca. 30 kenianischen und ueber 100 einheimischen Kollegen trifft man auf hier auf weitere Menschen im Alltagsleben. Hier eine kleine Auswahl und ein paar Geschichten:

In meiner zweiten Woche hatte ich an einer dreitaegigen Sicherheitsschulung bei der UN teilgenommen welche in deren riesiger Kaserne stattfand. Dabei war ich sehr ueberrascht, als mir ein Soldat mit deutscher Flagge auf der Schulter ueber den Weg lief. Ich habe ihn natuerlich gleich zur Rede gestellt und Michael erzaehlte mir daraufhin das er einer der zwei deutschen Soldaten ist, die im Rahmen der der UN Mission (UNMIS) im Sudan eingesetzt sind.

Als leidenschaftlicher Volleyballer habe ich recht schnell rausgefunden, wo und wann hier Volleyball gespielt wird. Nach dem Spiel hatte ich mich mit Milly unterhalten, die durch ihre hervorragende Spielqualitaeten aufgefallen ist. Ihre gute Leistung war darin begruendet dass sie vor paar Jahren in der ugandischen Nationalmannschaft der Frauen gespielt hat. Sie arbeitet fuer die lokale Binnenschifffahrts-Reederei die regelmaessig unsere Hilfsgueter transportiert.

Es ist einer unserer Standardausfluege, am Wochenende einen nahegelegenen Berg zu erklimmen. Das spricht sich schnell herum und somit entsteht recht schnell schon mal eine Wandergruppe von 15 Leutchen. Dabei habe ich Maya kennengelernt, die eigentlich in Deutschland zu Hause ist aber gerade in Harvard Medizin studiert und im Rahmen eines Projekts an der Universitaet in Juba lehrt. Ausserdem ist sie ebenfalls eine hervorragende Volleyball Spielerin.

Fast jeder in der internationalen Community kennt Arnold, ein sehr geselliger Zeitgenosse der schon seit 4 Jahren in Juba arbeitet. Ich habe ihn beim Volleyball kennengelernt. Er arbeitet fuer eine amerikanische Agentur die die suedsudanesische Uebergangsregierung beraet. Arnold hat mich zum Squash eingeladen und dabei habe ich Melanie kennengelernt. Sie ist Schweizerin und arbeitet fuer die internationale Hilfsorganisation „Friedensdividende“ die mit Geldern von Sudanesen die im Ausland leben zinsguenstige Kredite an einheimische Unternehmen vergeben.

Und dann noch eine ganz andere Art von Begegnung. Waehrend meinem Trip 2007 mit der Transsibirischen Eisenbahn bin ich ueber die Internet-Community Couch-Surfing fuer mehrere Tage bei Evgeni untergekommen. Per Zufall habe ich rausgefunden dass er ebenfalls gerade in Juba ist. Er arbeitet fuer eine russische Helikopter-Airline die mit der UN unter Vertrag steht. Es war natuerlich aufregend sich in dieser Ecke des Planeten zu begegnen.

Ab in den Busch

Ich muss selbstkritisch zugeben, dass ich hier keine Begegnung mit Einheimischen aufgelistet habe. Das wird sich hoffentlich mit dem naechsten Bericht aendern, da ich am Dienstag fuer eine Woche in den Busch (Bundesstaat Upper Nile) fliegen werde um unsere eigentliche Arbeit (Gesundheits- & Wasserversorgung) kennenzulernen. Ich freue mich auf einen weiteren tiefen Einblick in Afrika. Und es werden ganz bestimmt schoene Bilder folgen.

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