Mittwoch, 5. August 2009

Regensaison

Am liebsten wuerde ich es gar nicht viel darueber berichten, aber der Vollstaendigkeit halber will ich ein paar Zeilen darueber loswerden. In der Nacht auf den 19. Juli hatten wir zwei ungelade bewaffnete Gaeste die sich trotz Mauer, Stacheldraht und Guards Zugang zu unserem Gelaende verschafft haben. Ich hatte ungluecklicherweise die Tuer zu meinem Zimmer nicht verschlossen und durfte unter vorgehaltenem Maschinengewehr ein paar Wertsachen abdruecken. Dass der Kollege im Zimmer gegenueber seine Tuere verschlossen hatte fanden die Jungs nicht gut. Nachdem sie es mit druecken und treten nicht geschafft haben die Tuere zu oeffnen, feuerten sie drei Schuesse auf die Tuer. Auch das hat nicht geholfen und die beiden haben sich schliesslich verdrueckt. Leider hat der Kollege von dem Blechsplittern der Tuer und dem freigesetzten Zement einige Wunden davongetragen, die aber nicht schwerwiegend waren.

Eine dramatische Nacht mit einem – Gott sei Dank – glimpflichen Ausgang. Am naechsten Tag haben wir das Buero nicht geoffnet und ca. 200 Gaeste - vor allem Mitarbeiter aber auch Nachbarn, Behoerden und andere NGO’s - empfangen die ihr Mitleid ausgesprochen haben. Einen Tage spaeter sassen alle (8) Expatriots - einer Standarprozedur entsprechend - im Flieger nach Khartum. In vielen Gespraechen, Gebeten und Besprechungen wurde der Vorfall verarbeitet und Risiken sowie Massnahmen diskutiert. Erholung hatte in den Tagen auch einen bedeutenden Anteil. Nach und nach sind wir alle wieder nach West-Darfur geflogen worden wo wir wieder unserem Arbeitsalltag nachgehen.

Die beiden Links fuehren zu einem Zeitungsbericht und einer Presseerklaerung von Medair anlaesslich des Vorfalls:

Schweizer Zeitungsbericht

Medair Presseerklaerung


Wadis fuellen sich mit Wasser und entlang der Ufer spriesst das Gruen. El Geneina in der Regensaison.


In einem Blogeintrag vor zwei Monaten habe ich beschrieben wie leblos und oede die Landschaft aus dem Flugzeug betrachtet auf mich gewirkt hat. Jetzt wo wir uns seit einem Monat in der Regensaison befinden, sieht alles ganz anders aus. Jemand der jetzt zum ersten Mal hierher kaeme wuerde es zwar immer noch als Wueste bezeichnen, aber im Gegensatz zur Trockensaison leben wir gerade in einer Oase. Auf den staubigen sandigen Strassen in El Geneina waechst auf einmal Grass am Strassenrand sodass die vielen Esel, Rinder, Pferde und Ziegen im Verkehr eine Rast einlegen und sich den ein oder anderen Grashalm goennen. Gleichzeitig verwandeln sich die Strassen aber auch in einen Sumpf. Wo es kein ordentliches Abwassersystem gibt entstehen jede Menge Pfuetzen bzw. muesste ich fast von Teichen reden. Vor allem wenn man waehrend dem Regen unterwegs ist muessen Umwege in Kauf genommen werden weil der direkte Weg versunken ist oder ein Wadi die Strasse kreuzt. Innerhalb von Minuten kann sich ein Wadi in einen reissenden Fluss verwandeln. Die kleinen Wadis muenden schliesslich alle im grossen Wadi der sich durch El Geneina zieht. Wer die Stadt Richtung Norden verlaesst muss einen Wadi durchqueren der waehrend und wenige Stunden nach dem Regen Wasser fuehrt. Aber auch noch Tage spaeter bleiben Autos sowie LKW darin stecken und koennen nur mit grosser Muehe befreit werden.

Ein guter Nebeneffekt des Regens ist, dass der Muell von den Strassen und Flussbetten weggespuelt wird. Allerdings wird er nur weggespuelt, nicht beseitigt, und landet dann schliesslich irgendwo in einem See oder im Ozean. Hier beschwert sich keiner ueber den Regen. Ganz im Gegenteil. Um so mehr Regen desto mehr laecheln die Leute und desto mehr reden sie ueber das Wetter. Verkehrte Welt! Ich glaube die Bewohner von London sehen das anders.

Ein weiterer guter Nebeneffekt der mit der Regensaison einhergeht sind die kuehleren Temperaturen. Es ist sogar vorgekommen dass das Thermometer nachts auf unter 20 Grad Celsius gefallen ist, sodass man sich schon mal mit einem Laken zudeckt und die neue Qualitaet an Schlaf geniesst. In der Trockensaison kommt es oft vor dass man aufgrund der Hitze nachts schweissgebadet aufwacht.

Leider bringt der Regen sehr viele Fliegen und Moskitos mit sich, die aeusserst nervig sind und Malaria verbreiten. Die vielen Pfuetzen sind eine klassische Brutstaette fuer die Insekten.

Arbeitstechnisch nehmen Sicherheitsmassnahmen in unserem Gelaende einen Grossteil meiner Zeit ein. Nach einem Vorfall wie wir ihn gerade erlebt haben wird viel analysiert und viele Luecken entdeckt. Resultat: hoehere Mauern, mehr Stacheldraht, mehr und sicherere Tueren, Installation eines akustischen Alarmsystems. Weil waehrend den Baumassnahmen unser Gelaende nicht sicher genug ist, kommen wir gerade bei einer anderen Hilfsorganisation unter.

Der Innenhof des Buerogelaendes verwandelt sich schon mal innerhalb von Minuten in eine Riesenpfuetze.

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