Samstag, 30. Juli 2011

Bye bye Africa! (Mai 2009 bis Mai 2011)

Und auf einmal sind zwei Jahre vorbei, zwei geniale Jahre, gefüllt mit viel Arbeit, Abenteuer, Erfahrung, Gefahr, Begegnungen, Überraschungen, Freude, Angst, Frust, Erschöpfung, Erfüllung, Stress und Hilflosigkeit. Zum Abschluss ein paar Gedanken und Stories zu diesen Begriffen.


Arbeit: am Ende des Tages ist immer noch viel zu tun, wie immer, aber irgendwann mal muss man aufhören um für den nächsten Chaos Tag einigermaßen fit zu sein.

Abenteuer: der Mechaniker hat kein Problem damit, neben einer Benzintonne und Benzinlache eine Zigarette zu rauchen. Viele abenteuerliche Reisen per Jeep, Boot und Flugzeugen.

Erfahrung: Afrika ist anders und die europäische Denke steht dort eher im Weg als das sie hilft. Kreativität und Flexibilität sind wichtiger als Systematik und Standardisierung. Straßennamen gibt es nicht und Feiertage werden oft erst am Vortag ausgerufen. Afrikanische Logik ist ungleich Europäische Logik.

Gefahr: Es gehört zur Natur der Sache dass in Bürgerkriegsgebieten eine hohe Präsenz von Waffen vorhanden ist, die auch in die Hände von Kleinkriminellen gelangen. Das Kidnapping-Risiko war – vor allem in Darfur – sehr hoch. Im Laufe entwickelt man einen zynischen Humor um mit dieser Gefahr umzugehen. Eines Nachts wurde ich von zwei Eindringlingen geweckt und zur Herausgabe von Wertgegenständen aufgefordert. Sie hatten Maschinengewehre und ich lediglich meine Boxershorts, also habe ich kooperiert. (weiter siehe Angst)

Begegnungen: Es gibt internationale und nationale Kollegen. Aus dieser Zeit geht ein enorm gewachsener Freundeskreis hervor und einige Freunde werde ich ganz bestimmt wieder treffen. Eine bestimmte englische Kollegin werde ich vermutlich nie mehr aus den Augen verlieren.

Überraschungen: Man stellt einen Plan auf aber nichts funktioniert und die spätere Planversion 7 hat mit dem ursprünglichen Plan nicht mehr viel zu tun. Andererseits steht man manchmal vor einem Problem und denkt, oh oh, wie kriegen wir das hin und zwei Minuten später hat ein einheimischer Kollege das Problem bereits gelöst.

Freude: Die Einheimischen Kollegen sind ziemlich entspannt und zufrieden, was mich beeindruckt. Sie sind auch sehr daran interessiert an Schulungen und Trainings teilzunehmen. Das gelernte dann selber umzusetzen und Verbesserungen einzuleiten konnte ich nicht oft beobachten, aber wenn ich so etwas sah, war meine Freude natürlich groß.

Angst: Ja, ich muss zugeben das ich Angst hatte und später wie ein frierender Hund gezittert habe, als ich eines Nachts im Juli 2009 in Darfur zwei Typen mit Maschinengewehren aufgeweckten und mich dazu aufforderten aus dem Zimmer zu kommen.

Frust: Man wird den Alltag dort nur bis zu einem gewissen Grad kontrollieren und managen können. Letztendlich muss man aber ständig reagieren (fire fighting) und hat die Dinge dort unter den Gegebenheiten nie im Griff. Man braucht gerade in der Logistik eine hohe Frustrationstoleranz. Längst nicht alles funktioniert reibungslos. Auf einmal fällt der Stromgenerator aus, die Internetverbindung streikt und der Landcruiser hat aufgegeben oder der Sprit ist ausgegangen. Viele Beschwerden landen bei uns, und das ärgerliche daran ist, wir können diese Beschwerden nicht weiterleiten. „Wave and smile“ wurde mein Slogan, mit dem ich mich über Wasser hielt.

Erschöpfung: Am Anfang ist man etwas übermotiviert und dazu bereit jeden kleinen extra Job zu erledigen. Im Laufe der Zeit lernt man aber, besser mit seinen Kräften umzugehen und „Notfälle“ richtig einzuordnen. Nach 4 Monaten war ich zum ersten Mal wieder zu Hause und habe besorgte Kommentare bezüglich meiner physikalischen Erscheinung wahrgenommen, was nicht nur an meiner neu eingeführten Glatze lag.

Erfüllung: Die zwei Jahre mit Medair waren genau das richtige zum richtigen Zeitpunkt. Im Januar 2009 habe ich mein BWL Studium beendet und die Jobaussichten waren aufgrund der globalen Finanzkrise nicht rosig. In dieser Zeit bin ich „zufällig“ Medair begegnet und lediglich 9 Wochen danach war ich in Darfur. Auch wenn es nicht geplant war, war es genau das Richtige!

Stress: Es gehört zur Natur der Nothilfe dass schnell agiert werden muss auch wenn die Informationsversorgung bescheiden und Lösungen teuer sind. Das Arbeitstempo ist phasenweise sehr hoch. Das Stromgenerator macht lärm, es ist heiß, das Telefon klingelt und die Verbindung ist schlecht, ein Kollege skyped dass er dringend ein Ersatzteil braucht während ein Handwerker an meinem Schreibtisch steht um Anweisungen entgegenzunehmen. Glücklicherweise ist allerdings nicht jeder Tag so.

Hilflosigkeit: Pläne kann man aufstellen, allerdings werden sie immer wieder verworfen und umgestaltet. Manchmal geht dann nichts mehr und auf einmal dann doch wieder.


Jetzt bin ich wieder in Deutschland, zurück in der „normalen“ westlichen Welt, in meiner Heimat. Die zwei Jahre in Afrika waren ein Privileg für mich auf die ich mit Dankbarkeit zurückblicke. Genau das Richtige zum richtigen Zeitpunkt, auch wenn es ungeplant war. Medair ist eine professionelle Hilfsorganisation in der man ein herzliches Miteinander erleben kann und in der christliche Werte gelebt werden. Mittlerweile bin ich erfolgreich in der Logistik in der deutschen Wirtschaft untergekommen. Ich freue mich darauf meine Kompetenzen in der Logistik auszubauen und in eine etwas geregeltere Lebensphase zu starten.


Im Rinderlager mit "einer" englischen Kollegin.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Buschwaerts

Nachdem ich ueber mehrere Monate bezueglich meiner Blogeintraege sehr faul war bin ich auf einmal sehr motiviert Bilder und Geschichten zu teilen was daran liegt dass ich ein erlebnisreiches Wochenende hinter mir habe.

Medair Suedsudan beabsichtigt seine Hilfsprojekte innerhalb des Landes zu erweitern. Um entscheiden zu koennen wo und in welchem Bereich das Hilfsprojekt durchgefuehrt wird muessen relevante Informationen eingeholt und im besten Fall ein eigenes Bild der Lage vor Ort gewonnen werden. Einem solchen Erkundungstrip durfte ich letzes Wochenende beiwohnen.

Den Toyota Landcruiser haben wir mit reichlich Proviant, Wasser und Camping-Ausruestung bestueckt und sind Richtung Busch aufgebrochen. Wir, das heisst ein Wasser-Ingeneur, eine Aerztin, eine Pojekt Koordinatorin und ein Fahrer. Unser Ziel Awerial County liegt ca. 200 km noerdlich von Juba und aufgrund von erstaunlich guten Strassenverhaeltnissen haben wir bereits nach 5 Stunden unser Ziel erreicht. Im Dorf angekommen sind immer die offiziellen Behoerden unsere erste Anlaufstelle, um uns und unsere Absicht vorzustellen. Bei dem Begriff „Behoerde“ darf man allerdings nicht an ein Rathaus oder Aehnliches denken sondern lediglich an einen Tisch unter einem Baum und einem Mann dahinter.

Wir haben viele Wasserpumpen inspiziert, Kliniken begutachtet und Gespraeche mit Fokus-Gruppen gefuehrt. Obwohl wir als Fremde in den Doerfern aufgeschlagen sind wurden wir extrem freundlich empfangen.

Auf dem Rueckweg haben wir einen kurzen Stopp in einem der bekannten „Rinder Lager“ der Dinka gemacht. Ein Stamm der beruehmt dafuer ist mit den Rindern zusammen zu leben die ihren ganzen Wohlstand darstellen und das Hauptzahlungsmittel beim begleichen von Brautpeisen ist. Die Jungs hatten genauso viel Spass an der Foto-Session wie ich. Ganz stolz haben sie ihre besten Rinder angeschleppt um mit ihnen zu posieren.

Es war ein Privileg in diese exotische Welt einzutauchen.


200 Kilometer afrikanische Strasse lagen vor uns ...


... auf der nicht nur Fahrzeuge unterwegs sind.

Sobald wir in den Doerfern angekommen sind haben wir Beamte, andere Hilfsorganisation oder Dorfbewohner getroffen um sie ueber die Lage vor Ort zu befragen.

Im Land der Dinka bin ich definitiv nicht der Groesste!

Kinder trifft man ueberall an und sie haben jede Menge Spass an digitalen Kameras!

Wir konnten im compound vom Carter-Center unsere Zelte aufschlagen. Camping Urlaub Feeling inlusive.

Am Sonntag haben wir einem Gottesdienst beigewohnt der typischerweise unter einem Baum stattfand.

Pfeifen sind im Busch sehr beliebt.

Das hier sind die jungen Krieger ...

... die wahrscheinlich bald um diese junge Dame kaempfen werden.

Selbst im Rinder-Lager im tiefsten Afrika ist Obama ein Rock-Star!

Im Rinder-Lager ist immer was los.

Voller Stolz haben die Jungs ihre praechtigsten Rinder praesentiert ...

und ihre Trommelkuenste.

Jeder wollte zeigen was er drauf hat.

Offensichtlich ist jeder Stolz darauf hier zu leben.

Trotz des Rauchs von Feuer, Kuhmist und extremer Hitze sind die Dinka gluecklich in ihrer Welt ...

... auch wenn der Blick in die Zukunft ungewiss ist.

Dienstag, 14. September 2010

Oberer Nil

Der Grossteil der eigentlichen Arbeit von Medair findet im Bundesstaat Upper Nile statt. Damit ich besser verstehe was dort geschieht, wie die Gegebenheiten und Herausforderungen vor Ort ausschauen, habe ich eine erfahrungsreiche Woche dort verbracht.

Die neuen Erfahrungen fingen bereits am Flughafen an. Nachdem der MAF Pilot den Flieger gestartet hatte machte ich ihn darauf aufmerksam, dass sich noch Medair Cargo neben dem Flugzeug befindet. Er machte mich sachlich darauf aufmerksam, dass aufgrund der vorgesehenen Route und der Kerosinmenge ein Teil der geplanten Ladung zurueckbleiben muss.

In Malakal angekommen, wurden wir von einem Kollegen abgeholt, der uns direkt zum Nil fuhr wo wir unsere Reise per Boot fortsetzten. Das Boot fasst bis zu 8 Leute, jede Menge Benzin und hat einen stark Aussenbord-Motor. Die Bootsfahrt nach Melut dauerte 3 Stunden, bei der wir der Sonne ausgesetzt waren die man aber aufgrund des Fahrwinds kaum wahrnimmt. Spaetestens wenn das Boot stoppt, merkt man, wie unertraeglich heiss es in der prallen Sonne ist. Longsleeves & haufenweise Sonnenmilch haben ernsthafte Schaeden verhindert.

Krokodile und Nilpferde bekam ich leider nicht zu sehen, aber jede Menge Voegel und andere Boote die entweder schwer mit Soldaten oder Cargo ueberladen waren. Das ist so typisch fuer Afrika. Ob Auto, Faehre, Lager, Haus: Einer geht noch!

In Zusammenarbeit mit dem hiesigen Gesundheitsministerium und lokalen Behoerden ist Medair im Bereich der gesundheitlichen Grundversorgungen sowie Wasser & Sanitaer aktiv. Es werden Kliniken betreut, Brunnen gebohrt und Latrinen gebaut. An dieser Stelle erzaehle ich weniger und lasse die Bilder sprechen.

Mit einem Zwoelfsitzer sind wir in Juba abgehoben ....

... und ich war ueberrascht wie saftig gruen der Suedsudan ist ...

... nach fast drei Stunden in der Luft sind wir in Malakal angekommen was allerdings noch nicht das Ziel der Reise war.

Ein Kollege hat und per Landcruiser and den Nil gebracht ....

... wo wir ein Boot bestiegen und weitere drei Stunden unterwegs waren.

Ich hatte befuerchtet das es bald anfangen wird zu regnen ...

... aber das Wetter hatte gehalten!

Und weil unser Mechaniker einen verlaesslichen Job macht gab es keine Panne.

Und schliesslich sind wir sogar in der Medair Base in Melut angekommen.

Dies ist eine von vielen Kliniken die Medair in Zusammenarbeit mit dem lokalen Gesundheitsministerium betreibt.

Als ich einmal etwas laenger unter einem Baum auf eine Kollegin gewartet habe, haben sich diese Schuljungs zu mir gesellt. Wir hatten eine witzige Fotosession!

Nach einer Woche gings dann wieder zurueck nach Juba. Der Regen und die Schlammpiste haben fast dafuer gesorgt, dass wir den Flieger verpasst haetten ...

... aber schliesslich hatten wir es doch noch rechtzeitig geschafft.











Dienstag, 31. August 2010

Medair Cockpit

Eine klassische Aufgabe um die sich die Logistik kuemmert ist der Transport. Einer meiner vier Kollegen die mir direkt unterstellt sind ist fast ausschliesslich damit beschaeftigt Fluge zu buchen und Flugzeuge zu chartern. Weil sein Urlaub faellig war habe ich ihn vertreten. Die Tage im „Medair-Cockpit“ waren spannend und turbulent!

Die Kollegen auf der Projekt-Seite (Notfallhilfe, Gesundheitsversorgung & Wasser/Sanitaer) senden regelmaessig ihre transportbezogenen Buchanfragen zum Flug-Koordinator. Um den Bedarf decken zu koennen greifen wir auf das Angebot von kommerziellen Airlines, die humanitaere Airline der UN und Mission Aviation Fellowship (MAF) zurueck. MAF ist eine christliche none profit Airline deren Flugzeuge wir regelmaessig fuer Fluege in den tiefen Busch des Suedsudan chartern.

Der internationale Flugverkehr der kommerziellen Airlines ist sehr zuverlaessig aber die Inlandsfluege mit der UN oder MAF fordern Flexibilitaet und Nerven. Um Dir einen Einblick zu geben beschreibe ich mal einen Arbeitsalltag auf dem Stuhl des Flug-Koordinators.

Es ist Freitag 12 Uhr und ich habe gerade das Flugmanifest fuer den gecharterten Flug fuer Dienstag naechste Woche fertiggestellt und an die Kollegen und MAF geschickt. Das Flugmanifest enthaelt die Passagiere, die Route, das Gewicht und die Zeiten fuer den vorgesehenen Flug. Die Nachfrage in dieser Woche ist sehr hoch, da in der vergangenen Woche eine interne Gesundheitskonferenz in Juba stattfand und die angereisten Kollegen alle wieder zurueck an ihren Einsatzort in den Busch (Malakal, Melut, Wadekona) geflogen werden muessen. Eigentlich ist Platz fuer 11 Passagiere, da wir aber nicht wissen ob wir die Maschine im Busch auftanken koennen wird, ist die Kapazitaet eingeschraenkt. Also werden nur 7 Passagiere im Manifest gelistet. Weitere 7 werden mit der UN-Airline gebucht.

Es ist Montag 7 Uhr und ich werfe einen Blick auf das Flugmanifest der UN. Voller Ueberraschung stelle ich fest, das von den 7 Passagieren nur 5 gelistet sind. Also rufe ich den Verantwortlichen im UN Buchungsbuero an um ihn auf diesen Feher hinzuweisen. Allerdings wies er mich darauf hin das der Flug ueberbucht ist und das er nur 5 Sitze fuer Medair garantieren kann. Ich gebe die entaeuschende Nachricht an zwei Kollegen weiter, dass sie morgen leider nicht abreisen koennen werden.

Es ist Dienstag morgen. Die MAF Maschine hat fast planmaessig abgehoben. Um 10 Uhr ruft mich eine Kollegin an und teilt mir mit das sich das boarding der UN-Maschine verzoegert und das sie immer noch im Warteraum sitzen.

Um 11 Uhr erreicht mich eine Anfrage von Samaritan’s Purse (eine amerikanische christliche NGO) ob wir ihnen bei der dringenden Evakuierung des erkrankten Mitarbeiters helfen und unseren MAF-Flieger - der gerade in der Region in der Luft ist -dementsprechend umleiten koennen. Nach einer kurzen Ruecksprache mit MAF entschieden wir uns dafuer zu helfen. MAF kontaktiert den Pilot und informiert ihn per Funk ueber den aktuellsten Plan.

Um 12 Uhr erreicht mich die Nachricht, dass der UN-Flug ausgefallen ist und das die Kollegen auf dem Weg zurueck ins Buero sind. In solchen Momenten wird es sehr hektisch. Jetzt gilt es abzuwaegen wie schnell und zu welchen Kosten ich die Kollegen zu ihren Einsatzstellen befoerdern kann. Auf den naechsten UN-Flieger zwei Tage spaeter wollten wir uns nicht verlassen, weil dieser hoechstwahrscheinlich wieder ueberbucht sein wuerde. Also habe ich MAF angefragt, wie schnell wir einen weiteren Flieger chartern koennen. Evtl. am Donnerstag war die Antwort, allerdings muessten noch Details dafuer geklaert werden. Abwarten!

Um 13 Uhr ruft mich jemand von einer anderen NGO an. Vier seiner Kollegen die gerade im Busch sind, sind ebenfalls von dem ausgefallenen UN-Flieger betroffen und muessten dringend nach Juba um am naechsten Tag an einer Konferenz teilnehmen zu koennen. Er wollte wissen, ob Platz ist in unserem Flieger und ob wir die Kollegen mitnehmen koennten? Nach Absprache mit MAF konnte ich ihm drei Plaetze zusagen.

Um ca. 16 Uhr die Zusage von MAF, dass bereits morgen ein Flieger zur Verfuegung stuende. Allerdings besteht das Problem, dass wir einen fuer uns wichtigen Flughafen nur einmal in der Woche benutzen duerfen und die Kollegen somit nicht zu ihrer Destination geflogen werden koennen. Nach weiteren Absprachen mit Kollegen im Busch haben wir uns geeinigt, dass die Passagiere nach Ankunft am Flughafen per Boot zu ihrem eigentlichen Bestimmungsort befoerdert werden koennen. Zeiten, Route und Namen werden definiert und ich kannt ein neues Flugmanifest erstellen und verschicken. Die Kollegen werden ueber die Check-Inn Zeiten informiert.

Es ist Mittwoch, der MAF Flieger hebt schliesslich nach einstuendiger Verspaetung ab. An einem der vorgesehen Orte kann der Flieger nicht landen da die Schotterpiste aufgrund von Regen durchweicht ist. Die entsprechenden Kollegen und deren Gepaeck werden zu einem alternativen Ort geflogen, wo sie vermutlich erst mal fuer mindestens zwei Tage festsitzen werden.

Wer im "Cockpit" des Flugkoordinators sitzt muss sich ganz fest anschnallen. Heftige Turbolenzen sind garantiert!

Sonntag, 15. August 2010

Juba - Suedsudan

Juba und der Suedsudan
Am 30.06.2010 bin ich nach einem zweitaegigen Zwischenstopp in Nairobi an meinem neuen Einsatzort in Juba am Nil (Suedsudan) angekommen. Juba hat einen enorme Entwicklung hinter sich, wobei diese Stadt eigentlich lediglich ein sehr grosses Dorf mit ca. einer halben Million Einwohnern ist in der es keine permanente Stromversorgung gibt und die weit entfernt ist von den Weltmaerkten. Dabei hat Juba moeglicherweise den groessten Entwicklungsschub noch vor sich da im Januar 2011 – entsprechend eines umfangreichen Friedensvertrags von 2005 – die Bevoelkerung des Suedsudan in einem Referendung darueber entscheiden wird, ob sich der Sueden des Sudans vom Norden abspalten und somit ein neuer souveraener Staat geboren wird. „Nirgendwo werden Wunden so tief geschlagen und nirgends heilen sie so schnell wie in Afrika“ schreibt Bartholomaeus Grill in seinem Buch „Ach Afrika!“. Und genau das kann man hier beobachten. Die Jahrzehnte des Buergerkriegs sind fast vergessen und viele Suedsudanesen schauen hoffnungsvoll in die Zukunft. Man trifft auf Geschaeftsleute aus Uganda, Kenya und Aethiopien die von den guenstigen Entwicklungen profitieren wollen. Dabei ist der aktuelle Frieden sehr zerbrechlich. Die momentane Sicherheitslage ist sehr volatil. Hilfsorganisationen und die UN-Agenturen aktualisieren gerade saemtliche Evakuierungsplaene um fuer alle Eventualitaeten vorbereitet zu sein.

Ein Buergerkrieg hinterlaesst viel Zerstoerung und der Wiederaufbau ist ein langer Prozess. Zur Zeit befinden sich ca. 200 internationale Hilfsorganisationen im Sueden die einen Beitrag zum Wiederaufbau leisten und das Stadtbild mitpraegen. Sie sind vor allem in den Bereichen gesundheitliche Grundversorgung sowie Wasser & Sanitaer aktiv. Es gibt auch Organisationen und Agenturen die sich um die Entschaerfung und Beseitigung von Minen kuemmern. Nicht zu vergessen sind die vielen Berater die den einstigen Rebellen bei der hochkomplexen Aufgabe helfen, eine ordentlichen Administration aufzubauen.

Meine Aufgabe
In meiner Funkion als Logistik Manager kuemmere ich mich mit meinem Team um all das – innerhalb von Medair – was die Kollegen fuer ihre Projekte in der Gesundheits- und Wasserversorgung benoetigen. Wir stellen Unterkuenfte zu Verfuegung, organisieren Transporte von Waren und Menschen ueber Land, Wasser (Nil) & Luft und kaufen alles was benoetigt wird, was auch immer es ist und wo auch immer es herkommt. Dabei greifen wir auf Medair Bueros in Nairobi und in der Schweiz zurueck.

Juba vs Darfur (El Geneina)
Es ist mein zweites Jahr und mein zweiter Einsatzort und somit ist es unvermeidlich dass ich alles was mir hier begegnet mit den Gegebenheiten und der Erfahrung in Darfur (Nordsudan) vergleiche. Der arabische und islamische Einfluss ist hier sehr viel geringer. Das faellt einem sofort auf. Unverschleierte Frauen, Maenner mit kurzen Hosen. Keine Gebetsaufrufe vom Imam per Lautsprecher. Wenn sich Angehoerige ungleicher Geschlechter begruessen/verabschieden darf auch umarmt werden. Das Bildungsniveau unserer Mitarbeiter hier ist viel hoeher. In Darfur konnten unsere Fahrer und Waechter nahezu kein Englisch reden. Hier kann ich mir sogar vom Englisch meiner einheimischen Kollegen etwas abschauen. Fahrer und Waechter koennen sogar mit dem Computer umgehen. Die Infrastruktur ist nur geringfuegig besser. Deutlich besser ist das Angebot von professionellen Restaurants und englischsprachigen Gottesdiensten, die in Darfur Fehlanzeige waren.

Begegnungen
Neben ca. 30 internationalen, ca. 30 kenianischen und ueber 100 einheimischen Kollegen trifft man auf hier auf weitere Menschen im Alltagsleben. Hier eine kleine Auswahl und ein paar Geschichten:

In meiner zweiten Woche hatte ich an einer dreitaegigen Sicherheitsschulung bei der UN teilgenommen welche in deren riesiger Kaserne stattfand. Dabei war ich sehr ueberrascht, als mir ein Soldat mit deutscher Flagge auf der Schulter ueber den Weg lief. Ich habe ihn natuerlich gleich zur Rede gestellt und Michael erzaehlte mir daraufhin das er einer der zwei deutschen Soldaten ist, die im Rahmen der der UN Mission (UNMIS) im Sudan eingesetzt sind.

Als leidenschaftlicher Volleyballer habe ich recht schnell rausgefunden, wo und wann hier Volleyball gespielt wird. Nach dem Spiel hatte ich mich mit Milly unterhalten, die durch ihre hervorragende Spielqualitaeten aufgefallen ist. Ihre gute Leistung war darin begruendet dass sie vor paar Jahren in der ugandischen Nationalmannschaft der Frauen gespielt hat. Sie arbeitet fuer die lokale Binnenschifffahrts-Reederei die regelmaessig unsere Hilfsgueter transportiert.

Es ist einer unserer Standardausfluege, am Wochenende einen nahegelegenen Berg zu erklimmen. Das spricht sich schnell herum und somit entsteht recht schnell schon mal eine Wandergruppe von 15 Leutchen. Dabei habe ich Maya kennengelernt, die eigentlich in Deutschland zu Hause ist aber gerade in Harvard Medizin studiert und im Rahmen eines Projekts an der Universitaet in Juba lehrt. Ausserdem ist sie ebenfalls eine hervorragende Volleyball Spielerin.

Fast jeder in der internationalen Community kennt Arnold, ein sehr geselliger Zeitgenosse der schon seit 4 Jahren in Juba arbeitet. Ich habe ihn beim Volleyball kennengelernt. Er arbeitet fuer eine amerikanische Agentur die die suedsudanesische Uebergangsregierung beraet. Arnold hat mich zum Squash eingeladen und dabei habe ich Melanie kennengelernt. Sie ist Schweizerin und arbeitet fuer die internationale Hilfsorganisation „Friedensdividende“ die mit Geldern von Sudanesen die im Ausland leben zinsguenstige Kredite an einheimische Unternehmen vergeben.

Und dann noch eine ganz andere Art von Begegnung. Waehrend meinem Trip 2007 mit der Transsibirischen Eisenbahn bin ich ueber die Internet-Community Couch-Surfing fuer mehrere Tage bei Evgeni untergekommen. Per Zufall habe ich rausgefunden dass er ebenfalls gerade in Juba ist. Er arbeitet fuer eine russische Helikopter-Airline die mit der UN unter Vertrag steht. Es war natuerlich aufregend sich in dieser Ecke des Planeten zu begegnen.

Ab in den Busch

Ich muss selbstkritisch zugeben, dass ich hier keine Begegnung mit Einheimischen aufgelistet habe. Das wird sich hoffentlich mit dem naechsten Bericht aendern, da ich am Dienstag fuer eine Woche in den Busch (Bundesstaat Upper Nile) fliegen werde um unsere eigentliche Arbeit (Gesundheits- & Wasserversorgung) kennenzulernen. Ich freue mich auf einen weiteren tiefen Einblick in Afrika. Und es werden ganz bestimmt schoene Bilder folgen.

Montag, 21. Juni 2010

Letzte Woche in Darfur

Medair hat es so eingerichtet, dass Mitarbeiter die einen Zweijahresvertrag unterzeichnen nach einem Jahr vier Wochen Sonderurlaub erhalten, was ich tatsaechlich sehr schaetze. Es hat sehr gut getan, abzuschalten und im Schlaraffenland Deutschland zu sein, in der altvertrauten Welt, deutsch zu reden, Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, Fahrrad zu fahren, zu joggen, uneingeschraenkte Bewegungsfreiheit zu geniessen. Selbst auf dem Weg per Flieger von Deutschland nach Portugal musste ich mich kein einziges Mal ausweisen. Aber vier Wochen sind irgenwann mal um, sodass es am 13.06.2010 wieder zur “Arbeit” in den Sudan ging, und das ist auch gut so!

Es ist sehr angenehm, nach einem Monat Abwesenheit noch mal fuer eine Woche zurueck zu kommen um meine Nachfolgerin anzulernen und “tschuess” zu sagen. Wie bereits im letzten Eintrag erwaehnt, geht es fuer mich Ende des Monats in den Suedsudan, immer noch mit Medair und immer noch als Logistics Manager. Aus der geplanten Woche in Darfur sind allerdings zehn Tage geworden, da meine Nachfolgerin aufgrund von Visa-Problemen verspaetet im Sudan angekommen ist. Aber das ist auch kein Problem schliesslich habe ich dadurch mehr Zeit einen ordentlichen Abgang vorzubereiten.

Bei der Ankunft in Darfur war ich erst mal ueberrascht, wie schnell sich das Expats-Team hier aendern und wie gross es werden kann. Es waren drei neue Kollegen vor Ort und das Expats Team bestand aus 13 Leuten, da gerade aufgrund von Uebergaben manche Stellen doppelt besetzt sind. Und wie gewoehnlich ist es durchaus spannend, neue Kollegen hier kennenzulernen, da jeder ziemlich einmalige Geschichten und ein (geographisch) bewegtes Leben mitbringt. Und zum ersten Mal tatsaechlich noch jemand im Team, der gerne Schach spielt.

Vor meinem Sonderurlaub sowie in den letzten Tagen war ich unter anderem damit beschaeftigt, Mitarbeiterjahresgespraeche mit den vier Logistikern durchzufuehren, die mir unterstellt sind. Dabei war ich sehr ueberrascht und ermutigt ueber deren positives Feedback zur Frage, wie sie denn im allgemeinen die Arbeit bei Medair empfinden. Hier eine Auswahl der Antworten: “Die Arbeitsatmosphaere und das menschliche Miteinander ist perfekt”, “Es wird kein Unterschied gemacht zwischen nationalen und internationalen Mitarbeitern”, “Medair ist eine ganz besondere Hilfsorganisation”, “Ich empfinde meine Mitarbeit bei Medair als etwas grossartiges das mit passiert ist”. Das geht natuerlich runter wie Oel und laesst schnell einige Herausforderungen in Vergessenheit geraten.

Regelmaessig, ca. alle 4 Monate haben wir einen Mitarbeitertag, an dem wir auf Erreichtes zurueckblicken, dass Miteinander und gutes Essen geniessen und die Arbeit einfach mal liegenlassen. Da in diesen Tagen vier Personen das Team verlassen, wurde die Verabschiedung bereits heute durchgefuehrt. Dabei gehts es auch schon mal sehr lustig zu. Zum Abschied habe ich von meinen Jungs eine “Djellaba” geschenkt bekommen, die klassische Bekleidung fuer Maenner.

Nach einem ganz besonderen Jahr und vielen Eindruecken, werde ich – trotz der Umstaende – diesen Ort mit guten Erinnerungen verlassen.


Samstag, 1. Mai 2010

Ein Jahr

... und ein Jahr spaeter bin ich um einige Erfahrungen reicher. Humanitaere Nothilfe und Afrika sind keine Unbekannte mehr fuer mich inkl. der Begleiterscheinigungen Hitze, Stress, Bewegungseinschraenkung, Ueberfall, Magenprobleme, hohe Mauern, Sand, Frust, Fliegen, Miteinander, Kommen & Gehen. Unter dem Strich ist es fuer mich ein Privileg hier in Darfur arbeiten zu koennen trotz vieler Momente in denen ich frustriert war sei es aufgrund von Stress oder weil zwei Kulturen und Arbeitsweisen aufeinandertreffen die eine unterschiedliche Auffassung von Zeit, Zuverlaessigkeit & Qualitaet haben. Das ich gerne ein weiteres Jahr in der humanitaeren Nothilfe arbeiten werde zeugt davon das meine Aufgabe als Logistik Manager mich erfuellt.


Auch wenn die Routine eingekehrt ist gibt es immer noch genug zu lernen, vor allem der richtige Umgang mit Kollegen und speziell mit denen die einem unterstellt sind. Es bringt nichts arrogant daherzukommen und besserwisserisch den weissen Mann raushaengen zu lassen. Schliesslich ist man hier in einer Welt angekommen in der fast alles anders ist und die man erst mal entdecken und Stueck fuer Stueck verstehen lernen muss. Es bedarf viel Kommunikation, Zeit und Ueberzeugungskraft um schliesslich Ablaeufe veraendern zu koennen. Mit Bescheidenheit und viel Gespraech ist man hier besser beraten. Als aufgabenorienter Mensch habe ich in diesem Bereich einiges Lernen koennen und bin immer noch am Lernen.


Das Miteinander im internationalen Team war sehr bereichernd. Das gemeinsame Leben und der Austausch mit den weltaufgeschlossenen Kollegen die von allen Ecken dieses Planeten kommen ist etwas besonderes. Wohlwissend dass wir einen allmaechtigen Gott hinter uns haben stellten und stellen wir uns taeglich den Herausforderungen.


Am 10. Mai fliege ich endlich mal wieder fuer knapp fuenf Wochen nach Hause und freue mich darauf. Die letzte Woche in Deutschland werde ich anlaesslich von Schulungen bei Medair in der Schweiz verbringen. Der Rueckflug ist fuer den 13. Juni geplant, vorausgesetzt dass keine hoehere Gewalt wie Aschewolken dies verhindern. Allerdings werde ich dann nur noch fuer eine Woche in Darfur (Nordsudan) sein. Auf meinen Wunsch hin arbeite ich danach in Juba, der Hauptstadt des Suedsudan. Das Hauptbuero dieses Medair Hilfsprojekts, befindet sich in Nairobi (Kenia) in dem ich vermutlich alle zwei Monate sein werde und das Empfangen von Besuchern moeglich ist!


Dies ist ein Teil unserer Mitarbeiter in West-Darfur
Anfang Maerz haben wir endlich neue Fahrzeuge per Cargo-Flugzeug erhalten. Das ist natuerlich gar nichts im Verhaeltnis zu dem ...
... was die UN fuer Ihre aktuelle Mission in Darfur erhaelt, sowohl am Boden ...
... als auch in der Luft ...
... waehrend sich die Einheimischen mit ganz bescheidenen Mitteln zufrieden geben.